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Vor 100 Jahren: Villach als Gastgeber der Österreichischen Wirtschaftsausstellung

Trachtenumzug, Jägertag, Kufenstechen, Vergnügungspark, Musterselcherei und sogar Grabsteine im bunten Warenangebot. Abschluss mit Feuerwerk, Defizit und großem Streit im Gemeinderat.

Vor 100 Jahren, am 30. Mai 1925, wurde in Villach die Österreichische Wirtschaftsausstellung (ÖWA) eröffnet. „In Seebach war dafür eine kleine Zeltstadt errichtet worden. Die ausgestellten Waren reichten von Schuhen und Textilien über Nahrungsmittel, landwirtschaftliche Maschinen und Automobile bis hin zu Grabsteinen“, berichtet Heidi Rogy vom Geschichtsverein für Kärnten. Zur Eröffnung der ÖWA kam sogar Bundespräsident Michael Hainisch nach Villach. Beim bunten Rahmenprogramm präsentierten sich Gruppen und Vereine aus den verschiedensten Regionen Kärntens – vom Gailtaler Kufenstechen bis zu einem Jägertag war alles dabei. „Finanziell war die ÖWA leider kein Erfolg, das Defizit betrug rund 40.000 Schilling“, so Rogy. Der Villacher Gemeinderat geriet darüber dermaßen in Streit, dass die bürgerliche Einheitsliste zerbrach und gegen den christlichsozialen Mandatar Josef Baier eine Ehrenbeleidigungsklage eingebracht wurde.

Die Idee für die ÖWA in Villach wurde laut Rogy nach einer Fremdenverkehrs-Ausstellung in Linz im April 1924 geboren. Das war damals die erste große Ausstellung in Österreich nach dem Ersten Weltkrieg. „Kärnten war in Linz mit drei Kojen vertreten, eine war dem Tourismusland Kärnten und je eine den Städten Klagenfurt und Villach gewidmet“, erzählt die Historikerin. Für ihre ÖWA holten sich die Villacher daraufhin auch den Geschäftsführer der Linzer Ausstellung, Alexander Gracon, ins Boot. „Villach versuchte natürlich, sich für die erwarteten Besucher herauszuputzen. So wurde ein schon länger projektierter Teil der Ossiacher Zeile zumindest provisorisch gebaut“, sagt Rogy. Beim Gewinnen von Ausstellern jenseits der Landesgrenzen tat man sich schwer. Der Großteil stammte aus Villach und Kärnten, nur wenige kamen aus den österreichischen Bundesländern, so gut wie kein Aussteller kam aus dem Ausland. „Die Bezeichnung als Österreichische Wirtschaftsausstellung war also nur bedingt passend“, meint Rogy.

Umso bunter wird die Begrüßung des Bundespräsidenten in Villach und die Eröffnung der ÖWA beschrieben. Am Bahnhof hatten u. a. eine Ehrenkompanie des Radfahrbataillons Nr. 5 und die Regimentsmusik des Alpenjägerregiments Nr. 11 Aufstellung genommen. Es ging zunächst zum Villacher Rathaus, wo es eine Festsitzung gab. Die Tochter des Villacher Bürgermeisters Gustav Pomaroli trug ein Gedicht vor und überreichte dem Bundespräsidenten einen Blumenstrauß. Anschließend begab sich der Bundespräsident zum Ausstellungsgelände, wo er die ÖWA offiziell für eröffnet erklärte. Highlights der Ausstellung selbst waren der Vergnügungspark, die Musterselcherei der Villacher Fleischhauer, die Münchener Oktoberfest-Bierhalle oder das im Holzbau ausgeführte „Gailtaler Haus“ des Villacher Architekten Leopold Führer. „In einem eigenen Zelt präsentierten rund 90 Jäger ihre Trophäen. Dazu kam eine große Tierschau einer Wiener Neustädter Wildexportfirma, die sogar Krokodile, Affen und Papageien präsentierte“, so Rogy. Mitgewirkt haben an der ÖWA auch der Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose, das Schwarze Kreuz und das Villacher Stadtmuseum.

„Am zweiten Ausstellungstag organisierte die Kärntner Landsmannschaft einen Trachtenumzug mit anschließendem Heimatfest. Eine Reitergruppe führte die Trachtengruppen, Schützengarden und Musikkapellen an“, erzählt die Historikerin weiter. Während sich Gailtalerpaare im Tanz drehten und das berühmte Gailtaler Kufenstechen vorgeführt wurde, kreiste das erst kürzlich in Dienst gestellte Kärntner Verkehrsflugzeug „Hahn“ über dem Gelände und warf Reklame ab. An einem weiteren Ausstellungstag defilierten 1.200 Feuerwehrmänner vor dem Bundespräsidenten, zum Jägertag hatten sich dann an die 3.000 Waidmänner eingefunden. Laut Rogy gab es aber auch landes- und bundesweite Tagungen im Zuge der ÖWA, so zum Beispiel jene der Hutmacher, Zuckerbäcker und Lebzelter. Zudem gab es eine Hundeschau und auf der Napoleonwiese in Warmbad fand das Österreichische Wirtschaftsausstellungs-Schießen statt. Den Abschluss bildete ein großes Feuerwerk am Ausstellungsgelände.

Infos unter: https://geschichtsverein.ktn.gv.at/

Beitrag von
Geschichtsverein für Kärnten
Redaktion: Markus Böhm
Web https://geschichtsverein.ktn.gv.at

© Geschichtsverein für Kärnten
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